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Laut Mailverkehr und Gesprächen mit Prof. Grün könnte der Urheber dieses Textes auch Dr. Dr. Michel Friedman sein. Für die Untersuchung auf wissenschaftliches Fehlverhalten der Dissertation von Herrn Dr. jur. Dr. phil. Michel Friedman erhielten und erhalten wir keinerlei Entgelt. Es handelt sich um einen Zufallsfund, aufgrund der zahlreichen Rechtschreibfehler, auf die Herr Martin Heidingsfelder im Anschluss an einen Vortrag von einem Wissenschaftler hingewiesen wurde. So kam die Dissertation als 'auffällig und bei Gelegenheit bitte mal prüfen' in unseren Hände. Auch der erste Fund resultierte nicht aus der gezielten Suche sondern war reiner Zufall.
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Klaus-Jürgen Grün
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Mittwoch, der 15. Oktober 2008
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“Effekte an sich” – Sein-können wie Gott
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In der gegen die Bildungsphilister seiner Epoche gerichteten unzeitgemäßen Betrachtung Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben führt Friedrich Nietzsche den Begriff der „Effekte an sich“ ein. Für Nietzsche sind die “Effekte an sich” das Kriterium der monumentalischen Historie. Diese ist von eigentümlicher Attraktivität für solche Individuen, denen die Last des Daseins in der Gegenwart nur zu ertragen ist, wenn sie sich daran erinnern dürfen, dass es große Menschen mit großen Ideen und eben so großem Schaffensdrang gegeben habe. Er denkt an die Caesars, die Goethes, die Newtons. Weil es die Weltgeschichte einmal vermocht habe, solche welthistorische Individuen und ihre großen Taten hervorzubringen, sollte dies auch jederzeit wieder möglich sein.
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Diese verbreitete Denkweise – so erkannte Nietzsche richtig – leidet unter einer sträflichen Vernachlässigung der Kategorie der Ursache. In dieser Vernachlässigung entsteht die Vorstellung von Effekten an sich. Sie entstehen, scheinbar aus dem Nichts. Jedenfalls ist der Mensch besessen von dem Glauben, dass er sie jederzeit selbst hervorbringen könnte. Er müsse nur ausreichend wollen.
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Effekte an sich sind die von ihren Ursachen losgelösten Resultate. Sie scheinen sich souverän verschieben zu lassen. Als eine Ansammlung einzelner großer Taten und Ereignisse könne man sie festhalten, wie eine bare Münze einstreichen und nach Belieben wieder ausgeben. Es scheint, als seien sie unverursacht – nur hervorgebracht, von tatkräftigen Individuen, die sich spontan zu Großem entschlossen haben.
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Nietzsche erkannte auch, dass die Vorstellung solcher Effekte an sich, solcher unverursachter Ursachen, für die Menschen einen unendlichen Nutzen haben. Dies verkennen viele Leugner des freien Willens der Menschen in Geschichte und Gegenwart. Sie übersehen, dass der Mensch die Einsicht in seine Bedeutungslosigkeit nicht ertragen kann. Sein Narzissmus sagt dem Menschen, dass er kann, wenn er nur will. Und was er will, sei nicht der Effekt am Ende einer Kausalkette, sondern die notwendige und hinreichende Bedingung für Effekte an sich. Indem der Mensch Effekte an sich hervorbringt, stärkt er seine Illusion einen freien Willen zu besitzen.
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Freiheit bestimmte Immanuel Kant als die Fähigkeit, einen Vorgang von selbst anfangen zu können. Was demnach als Folge dieser Wirkung von Freiheit entsteht, sind Effekte an sich. Sie verdanken sich keiner Ursache, sondern der Wirkung einer qualitas occulta, einer Kraft, deren Herkunft und Stärke sich nicht aus vorhandenen Kräften ableiten und bestimmen lasse. Daher entziehe sie sich dem Licht der Ursachenforschung. Stets kommt also in dieser Illusion ein in Größe, Stärke und Richtung unbestimmbarer Aspekt der Freiheit zu einer menschlichen Handlung hinzu.
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Einem Menschen, dem eine philosophische oder eine naturwissenschaftliche Theorie zumutet, seine Handlungen nicht mehr als Effekte an sich verstehen zu dürfen, fügt dem Individuum eine unzumutbare Kränkung zu. Denn das Individuum soll sich damit abfinden, dass es nicht gottähnlich sei. Wenn wir in unserer Gegenwart immer wieder hören, dass es unredlich sei, den freien Willen zu leugnen, dann hängt dies mit dem – meist unbewussten – Wunsch des Menschen zusammen, gottähnlich sein zu können.
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Aristoteles hatte weise erkannt, dass ein treffender philosophischer Begriff für Gott der “Unbewegte Beweger”, oder die “unverursachte Ursache” sei. Allen Vorstellungen von Gott entspricht es noch heute, Effekte an sich hervorbringen zu können. Nichts weniger als das gesamt Universum ist aus der Sicht des frommen Christen oder Moslems ein solcher Effekt an sich. Denn aus freien Stücken, ohne Zwang oder an eine andere Naturnotwendigkeit gebunden gewesen zu sein, hatte Gott die Welt erschaffen. Zu seiner Macht und seiner Verfügungsgewalt über Freiheit gehörte es immer schon, die Schöpfung auch unterlassen haben zu können.
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Die größte Kränkung des Narzissmus der Menschen war es stets, wenn er Angst haben musste, nicht gottähnlich sein zu dürfen. In der Vorstellung vom freien Willen erlebt der Mensch diese Gottähnlichkeit am stärksten. Denn er kann sich denken, dass eine Handlung nur dadurch zustande gekommen ist, dass sein freier Willensentschluss die Handlung in die Wirklichkeit gesetzt habe. Aber die Vorstellungen von Gott lassen sich in der Gegenwart weniger und weniger verteidigen. Nirgendwo mehr darf der Mensch in der aufgeklärten Welt noch an seine Gottesähnlichkeit glauben, wenn nicht in der Vorstellung vom freien Willen. Nur unter der Bedingung, dass eine Handlung sich nicht vollständig in der Kette von determinierenden Bedingungen einfügt, ist diese Vorstellung der Gottesähnlichkeit des Menschen noch zu retten.
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Daher sollten wir verstehen, warum weder philosophische Theologen noch theologische Philosophen in unserer Gegenwart bereit sein können, die Vorstellung von einem freien menschlichen Willen zugunsten einer wissenschaftlich einwandfreien Beschreibung des Zustandekommens einer menschlichen Handlung aufzugeben. Erst wenn ein gleichwertiger Ersatz von Naturwissenschaftlern angeboten wird, ist ein Fortschritt der Erkenntnis zu erwarten. Auch Naturwissenschaftler dürfen den Menschen nur sagen, wie es wirklich um ihn bestellt ist, wenn sie ihm die Möglichkeit lassen, groß von sich zu denken.
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Denn wie soll der Mensch den Mut und die Kraft aufbringen, Großes zu leisten, wenn er sich dabei nicht mehr selbst groß fühlen darf? Groß für den Menschen aber sind seine Effekte an sich: unter gleichen Bedingungen wären sie niemals entstanden, wenn nicht das einzigartige, unverursachte und unerzwungene „Ich will es“ sie in die Welt gesetzt hätte.
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kjg

Aktuelle Version vom 9. Mai 2014, 21:42 Uhr

Vorbemerkung:

Laut Mailverkehr und Gesprächen mit Prof. Grün könnte der Urheber dieses Textes auch Dr. Dr. Michel Friedman sein. Für die Untersuchung auf wissenschaftliches Fehlverhalten der Dissertation von Herrn Dr. jur. Dr. phil. Michel Friedman erhielten und erhalten wir keinerlei Entgelt. Es handelt sich um einen Zufallsfund, aufgrund der zahlreichen Rechtschreibfehler, auf die Herr Martin Heidingsfelder im Anschluss an einen Vortrag von einem Wissenschaftler hingewiesen wurde. So kam die Dissertation als 'auffällig und bei Gelegenheit bitte mal prüfen' in unseren Hände. Auch der erste Fund resultierte nicht aus der gezielten Suche sondern war reiner Zufall.


Klaus-Jürgen Grün

Mittwoch, der 15. Oktober 2008

“Effekte an sich” – Sein-können wie Gott


In der gegen die Bildungsphilister seiner Epoche gerichteten unzeitgemäßen Betrachtung Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben führt Friedrich Nietzsche den Begriff der „Effekte an sich“ ein. Für Nietzsche sind die “Effekte an sich” das Kriterium der monumentalischen Historie. Diese ist von eigentümlicher Attraktivität für solche Individuen, denen die Last des Daseins in der Gegenwart nur zu ertragen ist, wenn sie sich daran erinnern dürfen, dass es große Menschen mit großen Ideen und eben so großem Schaffensdrang gegeben habe. Er denkt an die Caesars, die Goethes, die Newtons. Weil es die Weltgeschichte einmal vermocht habe, solche welthistorische Individuen und ihre großen Taten hervorzubringen, sollte dies auch jederzeit wieder möglich sein.

Diese verbreitete Denkweise – so erkannte Nietzsche richtig – leidet unter einer sträflichen Vernachlässigung der Kategorie der Ursache. In dieser Vernachlässigung entsteht die Vorstellung von Effekten an sich. Sie entstehen, scheinbar aus dem Nichts. Jedenfalls ist der Mensch besessen von dem Glauben, dass er sie jederzeit selbst hervorbringen könnte. Er müsse nur ausreichend wollen.

Effekte an sich sind die von ihren Ursachen losgelösten Resultate. Sie scheinen sich souverän verschieben zu lassen. Als eine Ansammlung einzelner großer Taten und Ereignisse könne man sie festhalten, wie eine bare Münze einstreichen und nach Belieben wieder ausgeben. Es scheint, als seien sie unverursacht – nur hervorgebracht, von tatkräftigen Individuen, die sich spontan zu Großem entschlossen haben.

Nietzsche erkannte auch, dass die Vorstellung solcher Effekte an sich, solcher unverursachter Ursachen, für die Menschen einen unendlichen Nutzen haben. Dies verkennen viele Leugner des freien Willens der Menschen in Geschichte und Gegenwart. Sie übersehen, dass der Mensch die Einsicht in seine Bedeutungslosigkeit nicht ertragen kann. Sein Narzissmus sagt dem Menschen, dass er kann, wenn er nur will. Und was er will, sei nicht der Effekt am Ende einer Kausalkette, sondern die notwendige und hinreichende Bedingung für Effekte an sich. Indem der Mensch Effekte an sich hervorbringt, stärkt er seine Illusion einen freien Willen zu besitzen.

Freiheit bestimmte Immanuel Kant als die Fähigkeit, einen Vorgang von selbst anfangen zu können. Was demnach als Folge dieser Wirkung von Freiheit entsteht, sind Effekte an sich. Sie verdanken sich keiner Ursache, sondern der Wirkung einer qualitas occulta, einer Kraft, deren Herkunft und Stärke sich nicht aus vorhandenen Kräften ableiten und bestimmen lasse. Daher entziehe sie sich dem Licht der Ursachenforschung. Stets kommt also in dieser Illusion ein in Größe, Stärke und Richtung unbestimmbarer Aspekt der Freiheit zu einer menschlichen Handlung hinzu.

Einem Menschen, dem eine philosophische oder eine naturwissenschaftliche Theorie zumutet, seine Handlungen nicht mehr als Effekte an sich verstehen zu dürfen, fügt dem Individuum eine unzumutbare Kränkung zu. Denn das Individuum soll sich damit abfinden, dass es nicht gottähnlich sei. Wenn wir in unserer Gegenwart immer wieder hören, dass es unredlich sei, den freien Willen zu leugnen, dann hängt dies mit dem – meist unbewussten – Wunsch des Menschen zusammen, gottähnlich sein zu können.

Aristoteles hatte weise erkannt, dass ein treffender philosophischer Begriff für Gott der “Unbewegte Beweger”, oder die “unverursachte Ursache” sei. Allen Vorstellungen von Gott entspricht es noch heute, Effekte an sich hervorbringen zu können. Nichts weniger als das gesamt Universum ist aus der Sicht des frommen Christen oder Moslems ein solcher Effekt an sich. Denn aus freien Stücken, ohne Zwang oder an eine andere Naturnotwendigkeit gebunden gewesen zu sein, hatte Gott die Welt erschaffen. Zu seiner Macht und seiner Verfügungsgewalt über Freiheit gehörte es immer schon, die Schöpfung auch unterlassen haben zu können.

Die größte Kränkung des Narzissmus der Menschen war es stets, wenn er Angst haben musste, nicht gottähnlich sein zu dürfen. In der Vorstellung vom freien Willen erlebt der Mensch diese Gottähnlichkeit am stärksten. Denn er kann sich denken, dass eine Handlung nur dadurch zustande gekommen ist, dass sein freier Willensentschluss die Handlung in die Wirklichkeit gesetzt habe. Aber die Vorstellungen von Gott lassen sich in der Gegenwart weniger und weniger verteidigen. Nirgendwo mehr darf der Mensch in der aufgeklärten Welt noch an seine Gottesähnlichkeit glauben, wenn nicht in der Vorstellung vom freien Willen. Nur unter der Bedingung, dass eine Handlung sich nicht vollständig in der Kette von determinierenden Bedingungen einfügt, ist diese Vorstellung der Gottesähnlichkeit des Menschen noch zu retten.

Daher sollten wir verstehen, warum weder philosophische Theologen noch theologische Philosophen in unserer Gegenwart bereit sein können, die Vorstellung von einem freien menschlichen Willen zugunsten einer wissenschaftlich einwandfreien Beschreibung des Zustandekommens einer menschlichen Handlung aufzugeben. Erst wenn ein gleichwertiger Ersatz von Naturwissenschaftlern angeboten wird, ist ein Fortschritt der Erkenntnis zu erwarten. Auch Naturwissenschaftler dürfen den Menschen nur sagen, wie es wirklich um ihn bestellt ist, wenn sie ihm die Möglichkeit lassen, groß von sich zu denken.

Denn wie soll der Mensch den Mut und die Kraft aufbringen, Großes zu leisten, wenn er sich dabei nicht mehr selbst groß fühlen darf? Groß für den Menschen aber sind seine Effekte an sich: unter gleichen Bedingungen wären sie niemals entstanden, wenn nicht das einzigartige, unverursachte und unerzwungene „Ich will es“ sie in die Welt gesetzt hätte.

kjg